Zhang Ji 张忌: Weltflucht 出家

(Nina Richter & Ulrich Neininger, Rezensionen chinesischer Literatur).

Fang Quan, ein junger Mann, der viel arbeitet, aber schlecht verdient, findet einen einträglichen Nebenerwerb: Er arbeitet tageweise als Mönch in einem buddhistischen Kloster. Nach jahrzehntelanger Unterdrückung hat sich in China wieder ein religiöses Leben entfalten können. Die Liberalisierung der Religionspolitik ist Teil der Reform- und Öffnungspolitik, die tiefgreifende wirtschaftliche und soziale Veränderungen mit sich bringt. Viele Menschen suchen in der materialistischen Gesellschaft nach spirituellen Werten, oder sie hoffen auf materielle Vorteile, die sie sich von der Anrufung der Buddhas und Götter versprechen. So besuchen sie die buddhistischen Klöster. Den Klöstern freilich, die so lange geschlossen waren, fehlt es an Nachwuchs. Die Mönche waren in die Fabriken und auf die Felder geschickt und oft auch verheiratet worden. Nur wenige der alten Mönche waren noch am Leben und kehrten ins Kloster zurück. Da lag dann die Idee nahe, dass ein falscher Mönch immer noch besser ist als gar keiner.

Der Autor Zhang Ji stammt aus der Gegend von Ningbo. Der Buddhismus ist dort, vor allem auf dem Land, noch einflussreich, und so kam der Autor auf die Idee einen Roman im buddhistischen Milieu anzusiedeln. Zunächst wusste er nicht, wie er an den Stoff herangehen sollte. Dann aber begegnete er eines  Tages in einer Filiale von Kentucky Fried Chicken einem Mönch.  Der Gegensatz zwischen dem Mann im traditionellen Mönchsgewand und dem Ambiente der amerikanischen Schnellimbisskette, inspirierte ihn zu einem Roman, der eben diesen Gegensatz, die Moderne und das Mönchtum zum Thema hat.[1]

Der Roman erzählt aus der Ich-Perspektive des Fang Quan, der, immer auf der Suche nach Arbeit, vom Land in die Stadt zieht. Manchmal helfen ihm dabei familiäre Beziehungen, dann wieder muss er sich mit Bestechungsgeschenken ein Auskommen sichern.  So trägt er für eine Verwandte Frühstücksmilch aus. Um sich noch etwas als Zeitungsausträger dazuzuverdienen, besticht er den Disponenten der Zeitung mit morgendlichen Milchanlieferungen.

Eines Tages erhält er einen Anruf aufs Handy. Sein Onkel Ahong, von dem er schon seit Jahren nichts mehr gehört hat, meldet sich bei ihm. Er hat es zum Abt eines buddhistischen Klosters gebracht, und sucht nun Aushilfen, die, als Mönche verkleidet, bei einem religiösen Zeremoniell mitwirken. Fang Quan nimmt das Angebot an.

Bei diesem ersten kurzen Eintauchen in die Klosterwelt faszinieren ihn die Pracht der Tempelanlage und die Feierlichkeit der Zeremonien. Er lernt aber auch schon, dass man als Mönch gut Geld verdienen kann.

Er denkt, nachdem er wieder in den Alltag zurückgekehrt ist, oft ans Kloster, zumal seine wirtschaftliche Lage immer schwieriger wird.  Das Geld reicht zum Überleben, als aber die Einschulung seiner Tochter bevorsteht, muss Fang Quan als Zugewanderter viel Geld dafür zahlen. Die zugewanderten Arbeiter (民工 mingong) sind nämlich nicht ins Haushaltsregister (户口 hukou) der Stadt eingetragen, und ihre Kinder haben damit keinen Anspruch auf einen Schulplatz.

Nun braucht auch Fangs Frau eine Arbeit, also muss wieder bestochen werden. Fang Quan  geht dabei mit einer gewissen Schläue vor. Dem Chef des Supermarktes, bei dem sich seine Frau beworben hat, schenkt er eine „Weichpanzerschildkröte“, angeblich eine vom Aussterben bedrohte, seltene Wildschildkröte aus den Bergen, deren Fleisch er als Potenzmittel rühmt. Seine Bestechung ist so erfolgreich, dass sie gleich neue Forderungen nach sich zieht.

Das Geld reicht freilich noch immer nicht, und Fang Quan erschließt sich eine weitere Verdienstquelle: Er fährt eine Fahrradrikscha. Als er sich als Fahrer ohne Lizenz einer Verkehrskontrolle zu entziehen versucht und mit einem Radfahrer zusammenstößt, erpresst der Radfahrer von ihm ein hohes Schmerzensgeld. Die korrupte Verkehrspolizei verhängt gegen ihn ein Strafgeld und beschlagnahmt die Rikscha, die er dann durch eine „Parkgebühr“ auslösen muss.

Die finanzielle Last, bringt ihn an den Rand der physischen und psychischen Erschöpfung: „Plötz­lich blickte ich ohne Hoffnung in die Zukunft, denn ich sah, dass ich nun an meine Grenzen gekommen war. Nur wenige Leute standen so früh auf wie ich. Ich würde auch lieber etwas länger schlafen, faulenzen. Doch ich trieb mich selbst an, wie man einen Ochsen antreibt, und ging weiter vorwärts. Doch was hatte ich von dieser harten Arbeit? Führte ich nicht immer noch ein Hunde­leben?“

Übermüdet schlägt er im Streit seine Tochter, schämt sich dafür und irrt nachts durch die Straßen. Schließlich sinkt er erschöpft auf der Schwelle eines Klosters nieder. Der Duft von Sandelholz, der ihn nun manchmal schwächer, dann wieder stärker einhüllt, erinnert ihn an sein Gastspiel als Mönch. „Gierig zog ich diesen Duft ein und fühlte mich am ganzen Körper behaglich, so als würden zwei Hände meinen Körpern berühren und ihn sanft streicheln.“

Er nimmt nun jede Gelegenheit wahr, um in Klöstern, die in Personalnot sind, auszuhelfen und als falscher Mönch dem harten Alltag zu entfliehen. Dabei lernt er immer mehr die Vorteile und Annehmlichkeiten des Klosterlebens, das gute Einkommen und das hohe Ansehen eines Mönchs, zu schätzen.  „Für die Gläubigen sind die Mönche wie Stars. Alle mögen gutaussehende Mönche und sind bereit, für diese viel Geld zu bezahlen.“

Fang Quan will freilich bald mehr sein als ein Statist in der Mönchskutte. So nimmt er sich seinen Onkel Ahong, den Abt, zum Vorbild,  der das Śūraṅgamasūtra fehlerfrei herbeten kann. Dieses Sutra, das besonders den Zen-Buddhismus beeinflusst hat, gilt wegen seiner eigenwilligen, am Sanskrit orientierten Syntax, als überaus schwierig zu rezitieren. Der falsche Mönch überrascht nun seinen Onkel, der ihm zur Vorbereitung einer Zeremonie den Kopf rasiert, mit einer Rezitation. Mühelos sagt er den Anfang des so schwierigen Texts auf.

Während der „Puja von Wasser und Land“ (水陆法会 shuilu fahui)  eines aufwändigen, mehrtägigen Rituals, erkennt er, dass das Klosterleben keineswegs ein Ort reiner Harmonie ist. Der Onkel demütigt, als Leiter des Rituals, einen Mönch, dem er vor den versammelten Mönchen und Gläubigen vorwirft, die Trommel zu laut zu schlagen. Fan Quan fürchtet nun, dass auch er vor allen anderen kritisiert und blamiert werden könnte:

„Ich stand zwischen den anderen und plötzlich kam mir alles sinnlos vor. Was machte ich hier? Warum musste ich mir hier stehen und mir das antun? War ich nicht hergekommen, weil ich den Druck in der Welt draußen nicht mochte und hier im Tempel nach einem Moment der Ruhe suchte? Draußen war ich täglich Stress und Druck ausgesetzt, doch ich begegnete dem mit einem Lächeln auf den Lippen, vorsichtig, als müsse ich auf dem Kopf eine Schale mit Wasser tragen. Ich hasste das, ich hatte genug davon. Aber wenn ich mit dem Leben draußen klarkam, warum sollte ich hier als falscher Mönch arbeiten, war es nicht dasselbe wie jede andere Arbeit draußen. Ich entschloss mich zu gehen und nicht mehr als Mönch zu arbeiten. Dieser Ort passte nicht zu mir.“

Das große Thema des Romans, das sich schon im Titel ankündigt ist die Weltflucht. Wörtlich übersetzt heißt der Roman „Die Familie verlassen“ (Chujia), wobei der Begriff Chujia  im buddhistischen Vokabular den Eintritt ins Kloster bezeichnet. Der Bruch mit der Familie verstößt aus traditioneller chinesischer Sicht gegen die Grundwerte der Gesellschaft. Der songzeitliche konfuzianische Philosoph Cheng Yi fasst die Kritik an der Weltflucht zusammen: „Die Buddhisten selbst missachten die Grundsätze der Beziehung zwischen Herrscher und Minister, zwischen Vater und Sohn und zwischen Gatte und Gattin. Überdies kritisieren sie andere dafür, dass sie es nicht ebenso machen wie sie. Sie überlassen die Pflege sozialer Beziehungen anderen, halten sich von allen fern und bilden eine eigene Kaste.“[2]

Im Konflikt zwischen dem Ideal der Weltflucht, und der Realität des Alltags mit seinen sozialen Verpflichtungen, entscheidet sich Fang Quan zunächst wieder für die Familie. Aber obwohl er nun erkannt hat, dass das Kloster keineswegs der Ort der vollkommenen Harmonie ist, denkt er bald wieder daran, durch einen Eintritt ins Kloster Ruhe zu finden und einem miserablen Leben zu entfliehen.

Der schlimmste Frevel, den, aus der Sicht der Konfuzianer, die buddhistischen Mönche mit ihrer Weltflucht begingen, war ihre Kinderlosigkeit, die zum Ende der Ahnenopfer führt. „Wenn das der Weg sein soll, Menschen anzuleiten, wird dies das Ende der menschlichen Rasse sein.“

Der alte konfuzianische Glaube,  wonach ein Sohn erst durch die Zeugung eines eigenen Sohnes seine Verpflichtung gegenüber den Ahnen erfüllt, hat sich in China über alle gesellschaftlichen Umbrüche hinweg erhalten. So will, ganz im Widerspruch zu seinen eskapistischen Neigungen, auch Fang Quan, der schon zwei Töchter hat, unbedingt einen Sohn. Als nun seine Frau wieder schwanger wird, legt er ein Gelübde ab. Er wird ins Kloster gehen, wenn seine Frau einen Sohn gebiert. Endlich bekommt er einen Sohn, zögert aber noch sein Versprechen einzulösen. Da erfährt er, dass die Ärzte bei seiner Frau einen Tumor diagnostiziert haben.

Der Onkel, der in Fang Quan einen talentierten Mönchsdarsteller sieht,  dass der Konflikt zwischen den familiären Verpflichtungen und dem Chujia, dem Verlassen der Familie, leicht zu lösen sei. Da sich als Mönch viel Geld verdienen lasse, könne der Familienvater seine Familie besser als je zuvor versorgen. So geht er dann doch ins Kloster, aber nicht ohne die Zustimmung seiner Frau „Was immer du machst“, verabschiedet sie ihn, „ich weiß, es ist für die Familie. Wenn ich weiß, dass du mich und die Kinder im Herzen trägst, dann reicht mir das.“

Der Buddhismus als Geldmaschine hat, seit der Wiederaufnahme des Klosterbetriebs, in China immer wieder für Diskussionen gesorgt. Ein herausragendes Beispiel für den Geschäftssinn der Mönche gibt der Abt des Klosters Shaolin,  der die Kampfkunst seiner Mönche vermarktet und so ein international tätiges, ausdrücklich am Erfolg von Disneyland orientiertes Milliardenunternehmen aufgebaut hat.  Die Geschichten über das Profitstreben des Abts, sein Luxusleben, die versteckten ausländische Konten und über seine Sexaffären, unterhielten 2016 monatelang die chinesische Öffentlichkeit. Daneben finden sich im Internet und in der Presse unzählige Berichte über falsche oder auch echte buddhistische Mönche, die den Gläubigen im Namen der Religion oder durch Wahrsagerei ihre Ersparnisse abschwatzen.

Es ist diese Welt in die Fang Quan gerät, und die der Autor im Roman beschreibt. Der falsche Mönch ist der wahrhaft reine Tor, der von sich sagt: „Ich bin zwar kein echter Mönch, aber trotzdem zünde ich jeden Tag vor der Buddhastatue Räucherstäbchen an und bete.“ Er ist der letzte Gläubige, umgeben von Zynikern wie seinem Onkel Ahong, der den ganzen Religionsbetrieb ganz realistisch erklärt: „Das ist ein Geschäft. Glaubst du wirklich, dass der Bodhisattva, wenn du im Tempel sitzt, Sutren rezitierst, Räucherwerk anzündest und schläfst, dein gutes Verhalten bemerkt und dir dafür deine Taschen mit Geld füllt?“

Eine altgediente Nonne, die sich in den Laienstand zurückzieht und für die der Buddhismus auch nur ein Broterwerb war, fragt Fang Quan erstaunt, ob er wirklich ans Paradies glaube. Er antwortet mit einem Glaubensbekenntnis: „Ich glaube daran. Das Paradies der äußersten Freude ist der dunkelste und der hellste Ort. Dort gibt es keine Menschen und doch sind dort überall Menschen.  Überall ist Wasser und unten in der Tiefe ist Glanz.“

Als sich ihm die Gelegenheit bietet, macht er sich unter dem Mönchsnamen Guan Jing selbständig und übernimmt den kleinen heruntergekommen Tempel der Nonne. Nun muss er wieder selbst sehen, wie er für sich und seine Familie Geld verdient. Eine stabile Einkommensquelle ist die Wahrsagerei. Als Anfänger ist er noch ein wenig unsicher im Umgang mit den Ratsuchenden. Einmal berät er die Mutter eines Bräutigams bei der Auswahl eines glücksbringenden Datums für die Hochzeit:

„Also das Orakelstäbchen sagt, dass der Tag, den Ihr Sohn ausgesucht hat mit einer vierzigjährigen Schlange kollidiert. Gibt es in Ihrer Familie jemand, der vierzig Jahre und im Jahr der Schlange geboren ist?“ ­ Die Alte schüttelte den Kopf. „Und einen fünfundzwanzigjährigen Drachen?“ Wieder schüttelte die Alte den Kopf. Mein Herz begann laut zu klopfen, wenn es so weiterginge, hätte ich bald alle zwölf Tierkreiszeichen durch. Ich biss die Zähne zusammen und beschloss, ein paar Tierkreiszeichen zu überspringen. „Und gibt es in der Familie ein dreißigjähriges Schwein?“ Da sah ich, wie die Alte die Brauen runzelte und dann sagte: „Mein Sohn ist dreißig und im Tierkreiszeichen Schwein geboren.“

Zum Klosterleben gehören die „Schutzgöttinnen“ (护法 hufa), das sind oft reiche, geschiedene Geschäftsfrauen, denen eine spezielle Beziehung zum Abt nachgesagt wird. Sie führen dem Kloster großzügige Spender zu und sorgen dafür, dass der Abt im Gespräch bleibt. Zhou Yu, auch sie eine reiche Geschäftsfrau, entdeckt nun den vielversprechenden Mönch Guan Jing und organisiert mit ihm  eine aufwändige siebentägige Zeremonie zur Feier von Buddhas Geburtstag. Den reichen Gläubigen, die nun zur Zeremonie erscheinen, preist sie ihre Entdeckung wie eine Marketingmanagerin an:

„Glaubt nicht, dass das hier nur ein runtergekommener Tempel ist. So viele Menschen wollten sich Verdienste erwerben und für die Renovierung des Tempels von Guang Jing spenden. Doch Guang Jing möchte das nicht. Meister Guang Jing ist ein echter Mönch, der seinen Abschluss an der Buddhistischen Akademie von Putuoshan erworben hat, er widmet sich ganz Buddha. Ihr denkt wohl die großen Tempel, das sind die guten? Die Räume sind zwar prunkvoll, aber die Mönche sind alle nicht echt. Das sind doch keine richtigen Tempel!“

Um ihren Mönch bekannt zu machen, hat die Schutzgöttin Zhou bereits einige Wundergeschichten über ihn in die Welt gesetzt und sich dabei von der populären Fernsehserie „Die Legende vom lebenden Buddha Ji Gong“ inspirieren lassen. Angelockt von solchen Geschichten besuchen immer mehr Gläubige den kleinen Tempel.

Fang Quan zeigt sich von dem Trubel bald angewidert. Er weist Besucher zurück, schottet sich ab, lebt streng nach den klösterlichen Regeln, arbeitet in seinem Gemüsegarten, betet, meditiert und ist für eine Weile zufrieden, um sich dann wieder nach dem Sinn des asketischen Lebens zu fragen. So beginnt er sich wieder um die Bewohner des benachbarten Dorfes zu kümmern. „Es sind diese Frauen, die in den Tempel kommen. Da sie nicht mehr gut zu Fuß sind, können sie nicht an weit entfernte Orte gehen. Der Tempel hat in Wahrheit nichts mit Religion zu tun, er hat auch nichts mit Geld verdienen zu tun. Er ist nur ein Ort, an dem sich die alten Leute des Dorfes die Zeit vertreiben, er ist eine Seniorenbegegnungsstätte.“

Der  Schluss, der arg forciert erscheint, als hätte der Autor nun endlich genug von der Schreiberei gehabt, zeigt den immer unschlüssigen Fan Quan, der abgeschreckt von der Hohlheit des religiösen Betriebs, zu seiner Familie zurückkehrt, und dann aber wieder von den Annehmlichkeiten des Klosterlebens verlockt, sich von seiner Anhängerschaft feiern lässt. „Diese sanften Blicke waren voller Freundlichkeit, Verehrung und auch voller Bitten. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben kann, sie standen aufrecht, aber ihre Blicke krochen auf dem Boden (…) Ich begann, diese kriechende Frömmigkeit zu genießen.“

Der Autor greift gelegentlich buddhistische Ideen auf, freilich ohne sie weiter auszuführen. So erwähnt er das Śūraṅgamasūtra mit seiner Lehre von der doppelten Natur des Menschen. Danach trägt ein Mensch zwei Naturen in sich, eine profane, die dem Kreislauf der Wiedergeburten unterliegt und eine Buddha-Natur, die ihm zur Befreiung aus diesem Kreislauf verhilft. Zur Sprache kommt auch die Legende von der Entstehung des Śūraṅgamasūtra, das Buddha seinem Lieblingsjünger Ananda gesandt habe, um ihn vor der Verführung durch das Dorfmädchen Matangi zu retten. Ganz zum Schluss lässt sich der Autor noch einmal von der buddhistischen Bilderwelt inspirieren: „Jählings schlug ich die Augen auf. Mein Blick glich einem wilden Tier, das plötzlich auf die Erde gelangt war, erschrocken und voller Begierden, etwas zweifelt. Wie wahnsinnig raste es mit einem Mal los, rannte, rannte schnell wie der Wind. Es lief durch Städte, über hohe Berge und Ozeane, es lief durch Zeit und Raum. Am Schluss konnte es nicht mehr weiterlaufen. Es war einen großen Kreis gelaufen und erschöpft an den Ausgangsort zurückgekehrt. In diesem Moment sah ich mich selbst, wie ich einsam auf der kalten Steinschwelle zum Dongmen-Nonnenkloster saß, wir sahen uns gegenseitig an.“

Der Roman hat beträchtliche Schwächen. Zu oft nimmt der Autor Fäden auf, die dann bald im Nirgendwo enden. Die buddhistische Thematik hätte gewiss mehr Tiefe verdient. Auch sprachlich ist Chujia nicht der ganz große Wurf. Der Text ist dennoch lesenswert als Beschreibung der Überlebenskämpfe der vom Land in die Städte zugewanderten Arbeiter.

Zhang Ji 张忌, Chujia 出家, 中信出版社, Peking 2016.

[1]  Interview vom 23. 8. 2017: 作家张忌:我写的“出家”比较实在 很多人是为了安身立命挣钱, 8. 2017; https://www.jiemian.com/article/1566265.html

[2] Cheng Yi, 程頤 (1033-1107), 程顥, 程頤, 河南程氏遗书, 中华书局 1981 : 卷二上; s. auch: Theodore de Bary u. a., Sources of Chinese Tradition, Bd. 1 :478.